- Startseite
- Kirche
- Bekanntmachungen
- 150-Jahr-Jubiläum: Vortrag in Hannover schildert die ersten Jahre
Hannover/Zürich. Am ersten Januar-Wochenende besuchte Stammapostel Wilhelm Leber Hannover. Aus Anlass des Besuchs und des Jahresbeginns fand in der Kirche Hannover-List eine Feierstunde zum Jubiläum der Neuapostolischen Kirche statt, die 2013 ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Ein Vortrag beleuchtete die Ereignisse des Jahres 1863, aus denen schließlich die Neuapostolische Kirche hervorging.
Der Geschichts-Vortrag von Manfred Henke (Lübeck) über die Ereignisse des Jahres 1863 bildete den Schwerpunkt der Feierstunde am 5. Januar 2013. Henke ist Geschichtspädagoge und langjähriges Mitglied der Arbeitsgruppe „Geschichte der Neuapostolischen Kirche“. Der 70-köpfige Jugendchor der Neuapostolischen Kirche Hannover umrahmte den Vortrag und bot sakrale und klassische Musik sowie Sacropop und Gospel.
Apostel für die Juden und Heiden
„Damit endlich dieser lange Bann gelöst werde“, lautete der Titel des Vortrags von Manfred Henke zu den Ursachen der Trennung des Jahres 1863. Zunächst blickte er auf die zwölf Apostel der Katholisch-apostolischen Kirche zurück, die nach ihrer „Aussonderung“ am 14. Juli 1835 auf ihre „Aussendung“ warteten. Von diesem Ereignis hatten sie keine festen Vorstellungen, erwarteten aber, dass ihnen dadurch besondere Kraft für die Ausübung ihres Amtes gegeben würde. Damit würde eine Zeit der Schwachheit der Apostel enden, deren Beginn sie in der Urkirche sahen. Dort habe es zwei Gruppen von Aposteln gegeben, führte Henke aus. In den Zwölf, deren zentrale Gestalt Petrus war, sahen sie Apostel für die Judenchristen. In Paulus sahen sie den Beginn einer Gruppe von zwölf Aposteln für die Heidenchristen. Da Paulus in den Gemeinden auf immer größere Widerstände gestoßen sei, habe er sein Apostelamt schließlich nicht richtig ausüben können. Er habe nicht nur äußerlich in Fesseln gelegen, sein Apostelamt sei ebenso „gebunden“ gewesen.
Es folgte eine Zeit ohne Apostel. Mit der „Aussonderung“ am 14. Juli 1835 sei schließlich die vollständige Gruppe von zwölf heidenchristlichen Aposteln gegeben worden. Die erwartete „Aussendung“, so glaubte man, werde den „Bann“ lösen, unter dem das Apostelamt seit Paulus gestanden habe.
Krise in der Katholisch-apostolischen Kirche
Statt einer Aussendung kam 1840/41 eine Krise des apostolischen Werkes, in deren Verlauf sich zwei Apostel aus dem Zwölferkreis entfernten. Nach dem Selbstverständnis der Apostel waren durch den Verlust der zwölffachen Einheit die Voraussetzungen für ein segensreiches Wirken entfallen. 1846 gelang es John Bate Cardale, dem zuerst gerufenen Apostel, die verbliebenen Zehn zu versammeln. Als Ergebnis wurden 1847 die ersten Gläubigen versiegelt. In Norddeutschland hatte der dort zuständige Apostel Thomas Carlyle trotz der Krise die Grundlagen für Gemeindegründungen gelegt. Außer in England (wo seit 1832 apostolische Gemeinden bestanden) gab es um 1851 nur dort größere Zahlen von Gläubigen.
In diesem Jahr 1851 ergriff Apostel Carlyle in einer zu Pfingsten einberufenen Apostelversammlung die Initiative zur Ergänzung des Apostelkreises. Er scheiterte damit. Er hatte aber den von ihm betreuten Gemeinden sein Anliegen mitgeteilt und sie aufgefordert, für das Gelingen zu beten.
Änderung der Zukunftserwartung
Apostel Carlyle starb am 28. Januar 1855 im Alter von erst 51 Jahren. Auch jetzt gab es keine Ergänzung des Apostelkreises. Apostel Francis Valentine Woodhouse übernahm die Gebiete in Norddeutschland. Sein im Vergleich zu Carlyle zögerndes und formalistisches Vorgehen erzeugte Unruhe. Referent Manfred Henke formulierte es in Bildern: „Gestatten Sie mir ein Bild aus dem modernen Leben: Apostel Carlyle hatte stets den Fuß auf dem Gaspedal, Apostel Woodhouse hatte seinen auf der Bremse. Oder in der Sprache des Kutschenzeitalters: Apostel Carlyle trieb die Pferde an, und Apostel Woodhouse zog die Zügel straff.“
1858 änderten die noch lebenden Apostel ihre Zukunftserwartung. Das Wirken der Apostel sollte bald aufhören, die bisher versiegelten Gläubigen (gut 3.000 an der Zahl) sollten entrückt werden. Danach sollte die Kirche durch 70 Erzbischöfe (Erzengel genannt) weitergeführt werden. Erst dann würde eine große Ausgießung Heiligen Geistes stattfinden. Die erwartete Große Trübsal vor der Wiederkunft Christi würde sogar noch später stattfinden. Die weitreichende Änderung der Zukunftserwartung machte eine Ergänzung des Apostelkreises überflüssig. Die Forderung nach Aposteln konnte sogar als Leugnen der Naherwartung ausgelegt werden.
Prophetische Rufungen weiterer Apostel
Es gab eine gegenläufige Erwartung nach „Vollendung der Ordnungen“ vor der Wiederkunft Christi. Ihr sollte mit Vorbereitungen für die Erwählung von zwölf „Propheten mit den Aposteln“ Rechnung getragen werden. „Warum aber zwölf Propheten, wenn es nur noch sechs Apostel gab?“ warf Manfred Henke eine Frage auf. Die Antwort der Propheten: Trotz der geänderten Zukunftserwartung fanden prophetische Rufungen von Aposteln statt: 1859 durch Edward Oliver Taplin, den „Pfeiler der Propheten“, 1860 durch Heinrich Geyer – beide Male in Albury. Die Apostel deuteten sie als Rufung von Apostelhelfern.
Heinrich Geyer war Volksschullehrer im damaligen Königreich Hannover gewesen. Dort gab es keinerlei Religionsfreiheit. Dennoch war in der Umgebung seines alten Wohnortes evangelisiert worden, es waren sogar vier ehemalige Berufskollegen Geyers zu Priestern gerufen worden. Eine Gemeindegründung und Ordination der berufenen Priester lehnte Apostel Woodhouse jedoch ab. Geyer geriet daher immer stärker in Konflikt mit seinen kirchlichen Vorgesetzten. Heimlich berief er Apostel und forderte sie auf, darüber zunächst Stillschweigen zu bewahren. Eine neue Zwölferreihe, diesmal aus Deutschland, sollte entstehen.
Rufungen lösten „den langen Bann“
Ganz im Sinne der alten Erwartung, dass durch Aussendung der Apostel „der Bann gebrochen“ werden könne, der das Apostelamt in Schwachheit verharren ließ, berichtete Geyer am 23. Dezember 1862 von Berlin aus den vier berufenen Priestern im Königreich Hannover, dass Gott bereits „einige Apostel“ in Deutschland gefunden habe, dass diese „ihren Beruf als Apostel angenommen“ hätten und auch in Berlin und an anderen Orten von Vielen „freudig begrüßt“ worden seien. Bald werde einer der Apostel „im Amt hervortreten“.
An diesem Punkt löste sich für die Zuhörer das Rätsel, das ihnen der Titel des Vortrags aufgegeben hatte. Die Rufung neuer Apostel war aus Geyers Sicht erforderlich, „damit endlich der lange Bann, der Gottes Werk aufgehalten hat, gelöst und die Evangelisten ungehindert freudig ihren Lauf durch alle Lande nehmen mögen.“
Trennung der Hamburger Gemeinde unter Preuß und Schwarz
Tatsächlich trat Rudolf Rosochacky im Januar 1863 in der Hamburger Gemeinde auf Einladung ihres Vorstehers, des „Engels“ (Bischofs) Friedrich Wilhelm Schwartz, als Apostel auf. In der Folge zweifelte er an seinem Apostelamt und wurde von Apostel Woodhouse nach voraufgegangener Buße wieder in seine alte Stellung eingesetzt. Die Hamburger Gemeinde unter ihrem Engel Schwartz sah sich nicht imstande, in der Rufung Rosochackys ein Werk Satans zu sehen und wurde deshalb exkommuniziert. Als ihr Apostel wurde der Priester Preuß gerufen. Schwartz wurde Apostel für Holland.
Über die Entwicklung der Ereignisse, aus denen die Neuapostolische Kirche 1863 hervorging, informiert eine Artikelreihe, die seit Herbst 2012 in der Kirchenzeitschrift „Unsere Familie“ erscheint und auch im Internet veröffentlicht ist.
Lesen Sie auch unseren Beitrag auf der Webseite der Neuapostolischen Kirche Mitteldeutschland.