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Frankfurt. Wie finden Menschen zur Neuapostolischen Kirche und was bewegt sie, dazugehören zu wollen? Über ein Forschungsprojekt der Universität Trier zum Thema „Selbst gewählte Mitgliedschaft in religiösen Gemeinschaften“ berichtet die letzte Ausgabe der neuapostolischen Kirchenzeitschrift „Unsere Familie“. Die Arbeitsgruppe Religionspsychologie des Forschungszentrums für Psychobiologie und Psychosomatik (FPP) der Universität Trier beschäftigte sich wissenschaftlich mit dem in Deutschland seltenen Phänomen des Wechsels in eine andere Religionsgemeinschaft.
Das Forschungsprojekt begann im Frühjahr 2003 in Zusammenarbeit mit der neuapostolischen Gebietskirche Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland. Damals befragte die Arbeitsgruppe insgesamt 71 Personen, die sich als Erwachsene entweder der Neuapostolischen Kirche, dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) oder den Zeugen Jehovas (ZJ) angeschlossen hatten. Die ausgewählten Gläubigen wurden zunächst in einer frühen Phase ihrer Mitgliedschaft über ihre Motive befragt. Die Frage, wie repräsentativ solche Ergebnisse sind, wurde angesichts der begrenzten Zahl der Probanden in der Studie ausgeklammert.
Welche Rolle spielt der Glaube?
Zunächst interessierte die Religionspsychologen die Frage, durch wen die Betreffenden in Kontakt mit der Neuapostolischen Kirche gekommen waren: durch Bekannte (Lebenspartner, Freunde), durch Fremde (Mission) oder durch eigene Initiative? Das Ergebnis: von zehn erwachsenen Neumitgliedern kommen neun durch Lebensgefährten, Freunde oder Bekannte zur Kirche. Nur jeder Zehnte, der neuapostolisch wird, suchte von sich aus den Kontakt. Keiner der Befragten stieß durch Fremde zur NAK.
Bei fast der Hälfte aller 71 befragten Personen waren religiöse Gründe nicht das Motiv, Kontakt zu der jeweiligen Glaubensgemeinschaft aufzunehmen. Auf die Frage: „Wie sehr waren sie damals auf der Suche nach religiöser Orientierung?“, antworteten 48 Prozent „gar nicht“ (wenig: 7%; mittel: 15%; ziemlich: 11%; sehr: 18%). Am stärksten war die Suche nach religiöser Orientierung bei den späteren Mitgliedern der Zeugen Jehovas ausgeprägt; in dieser Gruppe gaben acht der 22 Personen (36%) an, sie hätten vor ihrem ersten Kontakt mit der Gemeinschaft intensiv nach religiöser Orientierung gesucht; bei den neuapostolisch Gewordenen dagegen waren es nur zwei von 28; weniger als 10% des für die Studie ausgewählten Personenkreises.
In der vergleichenden Betrachtung zu den Neumitgliedern anderer Glaubensgemeinschaften lässt sich über die Neumitglieder der NAK grundsätzlich sagen:
- Der Aufnahme in die Neuapostolische Kirche geht in vielen Fällen keine spirituell oder religiös begründete Suche (nach Gott, nach Wahrheit etc.) voraus. Auch sind es in der Regel nicht persönliche Konfliktsituationen, Lebenskrisen oder existentielle Nöte, die zum Eintritt oder Übertritt in die Neuapostolische Kirche bewegen.
- Religiöses Interesse und eine entsprechende Glaubenspraxis (Gebet, Gottesdienstbesuch, Bibellektüre etc.) entsteht bei Neumitgliedern der Neuapostolischen Kirche überwiegend erst in der Phase des näheren Kennenlernens der Kirche – dann aber mit nachhaltiger Wirkung.
Die Bedeutung des Glaubens, der für den Konfessionswechsel nicht ursächlich war, nimmt für den Einzelnen erheblich zu. Das geht unter anderem aus Angaben zur Häufigkeit des Gebets oder dem täglichen Zeitaufwand für die Beschäftigung mit dem Glauben hervor: Durchschnittlich eine Stunde am Tag widmen die Neumitglieder der Neuapostolischen Kirche Glaubensaktivitäten.
Zusammenfassung
Die dargestellten Ergebnisse machen deutlich, dass dem Eintritt bzw. Übertritt in die Neuapostolische Kirche keine religiöse Bekehrung vorausgeht und der Glaube überwiegend erst im Laufe des Beitrittsprozesses für den Einzelnen bedeutsam wird, sodass er nach der Heiligen Versiegelung auch als lebensprägende Kraft erlebt werden kann.
Ein Bericht über das Forschungsprojekt ist in der neuapostolischen Kirchenzeitschrift „Unsere Familie“, Ausgabe 2/2008, veröffentlicht.
Die Neuapostolische Kirche Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland hat sich eng am Forschungsprojekt zum Thema „Selbst gewählte Mitgliedschaft in religiösen Gemeinschaften“ beteiligt. Mehrmals fanden gemeinsame Sitzungen von Kirchenvertretern und der Arbeitsgruppe Religionspsychologie der Universität Trier statt.
Die Arbeitsgruppe Religionspsychologie des Forschungszentrums für Psychobiologie und Psychosomatik (FPP) arbeitet an der Universität Trier. Mit der Etablierung der wissenschaftlichen Religionspsychologie in Deutschland ist es das Ziel der Arbeitsgruppe, religiöse Gegenwartsphänomene wissenschaftlich zu erforschen und für die Öffentlichkeit und Fachwelt verständlich zu machen. Leiter der Arbeitsgruppe ist PD Dr. Sebastian Murken.
24. Januar 2008