Der Katechismus in Fragen & Antworten

04. Der erlösungsbedürftige Mensch

Seit dem Sündenfall ist jeder Mensch Sünder: Er wurde vom Bösen zur Sünde verführt. Kein Mensch kann sündlos leben, jeder ist in Sünde verstrickt. Aus diesem Zustand will Gott die Menschen befreien, d.h. erlösen.

Sündenfall und Folgen: siehe Fragen 88. ff.

„Erlösung“ in diesem Sinn betraf in seiner ursprünglichen Wortbedeutung das Aufbinden von Stricken und Fesseln. Erlösung im Zusammenhang mit dem Opfer Jesu bedeutet, dass der in Sünde verstrickte Mensch aus den Fesseln des Bösen befreit wird.

Woher das Böse kommt, kann man mit dem Verstand nicht erfassen und nicht erklären.

Das Böse ist eine zerstörerische, antigöttliche Kraft.

Das Böse zeigt sich in unterschiedlicher Weise – zum Beispiel in Zerstörung, Lüge, Neid, Habsucht. Es führt letzten Endes zum Tod.

Ja, das Böse tritt auch als Person in Erscheinung und wird u.a. „Teufel“ oder „Satan“ genannt (vgl. Matthäus 4,1; Markus 1,13). Als Feind von Christus wird er auch als „Antichrist“ bezeichnet.

Gott gab den Menschen die Möglichkeit, sich für den Gehorsam oder den Ungehorsam ihm gegenüber zu entscheiden. Als der Mensch sich von Gott abwandte und sich für den Ungehorsam gegenüber Gott entschied, trat das Böse zutage. Das Böse ist also nicht von Gott geschaffen, wohl aber von ihm zugelassen, indem er die Entscheidung des Menschen nicht verhindert hat.

Nein, das Böse wird es nicht immer geben. Die Macht des Bösen ist durch Jesus Christus schon gebrochen. In 1. Johannes 3,8 heißt es diesbezüglich: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ Nach dem Friedensreich wird dem Bösen eine letzte Möglichkeit gegeben, sich gegen Gott zu stellen. Danach wird es vollständig unwirksam gemacht. In der neuen Schöpfung wird Böses keinen Platz haben.

Friedensreich: siehe Fragen 575. ff.

Gott hatte Adam und Eva geboten, nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, der mitten im Garten Eden stand. Gott machte auch auf die Folgen aufmerksam, wenn das Gebot übertreten würde: „An dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben“ (1. Mose 2,17). Der Teufel beeinflusste den Menschen und weckte Zweifel an Gottes Wort: „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist“ (1. Mose 3,4.5). Adam und Eva gaben der Versuchung zur Sünde nach. Sie lehnten sich gegen Gott auf, übertraten sein Gebot und aßen von der Frucht des Baumes. Dieser Ungehorsam gegenüber Gott wird als „Sündenfall“ bezeichnet.

Der Sündenfall brachte Veränderungen im Leben des Menschen, die der Mensch nicht umkehren konnte. Der Mensch fürchtete sich vor Gott und versteckte sich vor ihm. Auch das Verhältnis der Menschen untereinander nahm Schaden, ebenso das Verhältnis des Menschen zur Schöpfung. Seitdem ist das Leben des Menschen voller Mühe und es ist begrenzt: „Du bist Erde und sollst zu Erde werden“ (1. Mose 3,19). Eine weitere Folge des Sündenfalls war die Trennung des Menschen von Gott: Gott vertrieb den Menschen aus dem Garten Eden (vgl. 1. Mose 3,23.24).

„Da wies ihn Gott der Herr aus dem Garten Eden, dass er die Erde bebaute, von der er genommen war. Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens.“ (1. Mose 3,23.24)

Gottes Liebe bleibt dem Menschen auch nach dem Sündenfall erhalten. Trotz des Ungehorsams nahm Gott sich seiner an: In seiner Fürsorge kleidet Gott Adam und Eva mit Röcken aus Fell (vgl. 1. Mose 3,21). Die Liebe Gottes zu dem in Sünde gefallenen Menschen offenbart sich in vollkommener Weise in der Sendung Jesu Christi, der Sünde besiegt. „Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen für alle Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt. Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die Vielen zu Sündern geworden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen zu Gerechten“ (Römer 5,18.19).

Nach dem Sündenfall wuchsen die Sünden der Menschheit in einem erschreckenden Maß an: Zunächst schlug Kain trotz Gottes Mahnung seinen Bruder Abel tot (vgl. 1. Mose 4,6-8). Im Fortgang der Zeiten sündigten die Menschen immer mehr. Gott beschloss ein Strafgericht und ließ die Sintflut kommen. Nur Noah fand Gnade vor Gott. Auf Gottes Befehl baute Noah eine Arche, in der er mit seiner Familie Rettung fand (vgl. 1. Mose 6,5-7.17.18). Selbst nach diesem Strafgericht blieben die Menschen im Ungehorsam gegenüber Gott. Die Bibel berichtet beispielsweise vom Turmbau zu Babel. Gott ließ die Erbauer des Turms an ihrem Hochmut und ihrer Sucht nach Ruhm scheitern: Er bewirkte, dass sie einander nicht mehr verstanden (vgl. 1. Mose 11,1-8).

„Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.“ (1. Mose 4,8)

Ja, seit dem Sündenfall unterliegen alle Menschen der Macht der Sünde. Sünde führt zur Trennung von Gott, das heißt zum geistlichen Tod: „Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben“ (Römer 5,12). Beim Menschen bleibt die Geneigtheit zur Sünde (Konkupiszenz) bestehen; aus eigener Kraft kann er nicht in den Zustand der Sündlosigkeit zurückkehren.

geistlicher Tod: siehe Fragen 89. ff.

Geneigtheit zur Sünde (Konkupiszenz): Durch den Sündenfall entstand im Menschen eine Neigung zur Sünde. Diese nennt man „Konkupiszenz“. Daraus entstehen die sündhaften Gedanken und Handlungen. Obwohl Sünden vergeben werden, bleibt die Geneigtheit zur Sünde bestehen.

Ja, aus dem Sündenfall des Menschen ergeben sich weit reichende Auswirkungen auf die Schöpfung: Der Acker wird verflucht: „Weil du ... gegessen [hast] von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen“ (vgl. 1. Mose 3,17.18). Die ursprünglich vollkommene Schöpfung ist seitdem beschädigt. Auch die Schöpfung muss von dem Fluch, der auf ihr liegt, befreit werden.

„Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit ... doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit ... Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet.“ (Römer 8,20-22)

Sünde ist alles, was dem Willen Gottes entgegensteht und Gottes Wesen zuwiderläuft, also alle Worte, Taten und Gedanken, die gegen Gottes Willen und Wesen stehen. Sünde ist auch, wenn man absichtlich unterlässt, Gutes zu tun (vgl. Jakobus 4,17). Mit jeder Sünde lädt der Mensch Schuld gegenüber Gott auf sich.

Sünde ist absolut, sie kann also nicht relativiert werden. Sie trennt von Gott. Demgegenüber können wir aber davon ausgehen, dass Gott die Schuld, die man ihm gegenüber durch Sünde auf sich geladen hat, in seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit unterschiedlich bewertet.

Erklärung zum Maß der Schuld: Es ist ein Unterschied in der Bewertung der Schuld, ob zum Beispiel jemand aus Hunger etwas stiehlt oder zur Befriedigung eines Luxusbedürfnisses. In beiden Fällen liegt gleichermaßen eine Sünde vor, nämlich die Übertretung des siebten Gebots. Die Schuld aus dieser Sünde, die der Mensch damit auf sich lädt, wird jedoch unterschiedlich sein. – Gott urteilt in seiner Allwissenheit immer gerecht darüber, inwieweit der Mensch durch die Sünde Schuld auf sich geladen hat. Bestimmte Einflüsse und Situationen, denen Menschen ausgesetzt sind, werden eine Rolle spielen, wie zum Beispiel gesellschaftliche Strukturen, Notlagen, krankhafte Veranlagungen.

Um in Gottes Nähe zu gelangen, muss die Sünde vergeben werden.

Sündenvergebung: siehe Frage 652.

Gott bestimmt, was Sünde ist. Keineswegs darf dies der Mensch selbst festlegen

Was Sünde ist, also dem Willen Gottes entgegensteht, erfahren wir aus der Heiligen Schrift:

  • gegen die Zehn Gebote verstoßen (vgl. 2. Mose 20,20),
  • Gelübde brechen, die Gott gegeben wurden (vgl. 5. Mose 23,22),
  • den Glauben an Christus verweigern (vgl. Johannes 16,9),
  • Geiz, Neid und Vergleichbares.

Dies wird in der Predigt durch den Heiligen Geist deutlich gemacht.

Gott hat dem Menschen Gewissen, Vernunft und Glauben geschenkt. Wenn der Mensch diese Gaben nutzt, dann ist dies die richtige Antwort auf Gottes Zuwendung zu ihm.

Gewissen, Vernunft und Glauben sollen auf Jesus Christus ausgerichtet sein.

Das Gewissen kann helfen, Entscheidungen zu treffen, die Gottes Willen entsprechen. Im Gewissen wird abgewogen, was gut und was böse ist. Außerdem macht das Gewissen, wenn es von Vernunft und Glaube bestimmt ist, dem Menschen bewusst, ob er durch sein Verhalten vor Gott und seinem Nächsten Schuld auf sich geladen hat.

Die Vernunft kann den Menschen zu einem Verhalten anleiten, das Gott gefällt. Vernunft zeigt sich darin, dass der Mensch sein Handeln vor Gott und vor dem Nächsten verantworten kann. Die Vernunft wird auch benötigt, um das Evangelium zu verstehen und den Glauben bekennen zu können.

Ja. Der menschlichen Vernunft in ihrer Begrenztheit ist es nicht möglich, Gott in seiner Unendlichkeit zu erfassen. Gottes Wesen und Handeln übersteigt alle menschliche Vernunft (vgl. Philipper 4,7). Demzufolge kann die Vernunft nicht Maß aller Dinge sein.

„Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ (Philipper 4,7)

Glaube umfasst Gott gegenüber Vertrauen, Gehorsam und Treue. Daraus gewinnt der Mensch Zuversicht auf Gottes Barmherzigkeit und Hilfe. In Hebräer 11,1 heißt es dazu: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“

Am Anfang des Glaubens steht immer Gott, der sich durch Wort und Werk offenbart. Der Glaube ist ein Geschenk Gottes. Wahrer Glaube beruht auf Gottes erwählender Gnade. Zugleich ist Glaube eine Aufgabe für den Menschen. Ob und inwieweit der Mensch zum Glauben gelangt, hängt nämlich auch von seiner eigenen Beteiligung ab: Der Mensch muss glauben wollen. Deshalb ist das Gebet um Glauben notwendig.

„Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Markus 9,24)

Der Mensch ist aufgefordert, Gottes Wort anzunehmen, darauf zu vertrauen und demgemäß zu handeln. Jesus Christus forderte: „Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ (Johannes 14,1). Er verheißt, dass „alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Johannes 3,16). Die Folge des Unglaubens stellte er in aller Konsequenz heraus: „Wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr sterben in euren Sünden“ (Johannes 8,24).

„So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.“ (Römer 10,17)

Der Glaube an Jesus Christus ist Voraussetzung für Heil:

  • dass Gott sich mit dem Sünder versöhnt,
  • dass der Mensch Gottes Kind werden kann (vgl. Johannes 1,12),
  • dass der Mensch in die ewige Gemeinschaft mit Gott gelangen kann.

„Ohne Glauben ist’s unmöglich, Gott zu gefallen …“
Hebräer 11,6

In der Heiligen Schrift wird der Begriff „Heil“ im Sinn von „Rettung“, „Bewahrung“ und „Erlösung“ verwendet. Unter „Heilsgeschichte“ versteht man das Handeln Gottes, der Menschen Heil zukommen lässt.

Die Geschehnisse vom Sündenfall bis zur neuen Schöpfung werden als „Heilsplan“ Gottes bezeichnet. Wir Menschen kennen zwar den Heilsplan Gottes nicht in ganzer Fülle; aber wir können aus dem Ablauf der Heilsgeschichte die Absicht Gottes erkennen, wie er den Menschen helfen will.

Art und Maß des Heils sind in den einzelnen Abschnitten der Heilsgeschichte unterschiedlich. Über allem steht Gottes Errettungswille, der allen Menschen aller Zeiten gilt.

Die Hoffnung auf Heil richtete sich in alttestamentlicher Zeit zunächst auf Rettung aus irdischer Not und Gefangenschaft. Nach und nach bezog sich die Heilshoffnung Israels jedoch immer deutlicher auf den erwarteten Messias.

Jesus Christus ist der Urheber des ewigen Heils: „Und als er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber des ewigen Heils geworden“ (Hebräer 5,9). Er ist der einzige Mittler zwischen Gott und Mensch (vgl. 1. Timotheus 2,5). In Apostelgeschichte 4,12 wird bezeugt: „In keinem andern [als Jesus Christus] ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ Jesus Christus ist der von Gott gesandte Heiland, der Erlöser, der die Sünde besiegt hat. In ihm findet der Mensch Heil für den Schaden, den die Sünde anrichtet: Das Opfer, das Jesus am Kreuz gebracht hat, ermöglicht die Befreiung von Sünde und die Aufhebung der Trennung von Gott.

„Mittler“: Jesus Christus ist zum einen „Mittler“ im Sinne von Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Das heißt, er vertritt die Menschen vor Gott und Gott vor den Menschen. Er ist Fürsprecher der Menschen vor Gott und macht die Menschen mit dem göttlichen Willen bekannt. Zum anderen ist er als „Mittler“ der Weg des Heils; er führt zurück in die Gemeinschaft mit Gott.

„Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung …“
1. Timotheus 2,5.6

Das Heil wird durch Jesus Christus allen Menschen angeboten, sowohl Lebenden als auch Toten.

Wir leben heute in dem Abschnitt des göttlichen Heilsplans, in dem die Brautgemeinde gesammelt und auf die Wiederkunft Christi vorbereitet wird. Hierzu vermitteln die Apostel Heil durch die Verkündigung des Wortes Gottes und die Spendung der Sakramente.

Brautgemeinde: siehe Fragen 455., 557., 561. ff.

Niemand kann aus sich heraus das Heil erlangen. Das Heil erlangt der Mensch, indem er an Jesus Christus glaubt und an sich das geschehen lässt, was Jesus Christus zum Heil der Menschen gegeben hat: die Sakramente und Gottes Wort.

Sakramente: siehe Fragen 472. ff.

Die Brautgemeinde wird bereits bei der Wiederkunft Christi durch die Hochzeit im Himmel in die ewige Gemeinschaft mit Gott gelangen.

Nach der Heiligen Schrift ist der Heilsplan Gottes mit der neuen Schöpfung erfüllt.

Erwählung ist immer im Willen Gottes begründet. Auf die Entscheidung Gottes kann niemand Einfluss nehmen.

Gott ruft Einzelne oder Gruppen aus der Menschheit, weil er mit ihnen einen von ihm bestimmten Zweck verfolgt. Er nimmt sie damit in Verantwortung.

Ja, schon in der Schöpfung deutet sich göttliches Erwählen an: Gott hat den Menschen aus all seinen Geschöpfen heraus erwählt und ihm den Auftrag gegeben, sich die Erde untertan zu machen. Viele weitere Beispiele für Erwählung sind im Alten Testament zu finden:

  • Noah wurde erwählt, die Arche zu bauen.
  • Abraham, Isaak und Jakob waren dazu erwählt, dass durch sie alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollten.
  • Mose war dazu erwählt, das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten herauszuführen, und Josua war dazu erwählt, es ins verheißene Land zu bringen.
  • Auch das Volk Israel wurde erwählt: „Denn du bist ein heiliges Volk dem Herrn, deinem Gott. Dich hat der Herr, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der Herr angenommen und erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat“ (vgl. 5. Mose 7,6-8).

Jesus erwählte aus der Schar seiner Jünger die Apostel und sandte sie in alle Welt mit dem Auftrag, zu lehren und zu taufen. Damit ist die Erwählung zum Volk Gottes nicht mehr auf Israel begrenzt, sondern bezieht alle ein, die an Jesus Christus glauben, Juden und Heiden. So ist das Volk des Neuen Bundes von Gott auserwählt (vgl. 1. Petrus 2,9). Petrus wurde erwählt zu einem besonderen Dienst in der Kirche, dem Petrusdienst.

Petrusdienst: siehe Erläuterung zu Frage 457.

Als „Heiden“ werden seit alttestamentlicher Zeit alle nicht-israelitischen Völker bezeichnet, also Menschen, die nicht dem Gott Abrahams, sondern anderen Göttern dienten. Auch in neutestamentlicher Zeit wurden die Nichtjuden als „Heiden“ bezeichnet, ob sie getauft waren oder nicht.

Nein, niemand hat Anspruch auf Gottes Erwählung, denn sie ist in Gottes freier Entscheidung begründet. Die Erwählung lässt sich nicht mit menschlicher Überlegung begreifen.

Aus der Sicht des Evangeliums ist Erwählung ein Geschenk der Liebe Gottes. Der Mensch hat die Entscheidungsfreiheit, dieses Geschenk anzunehmen oder abzulehnen. Erwählung durch Gott bedeutet nicht, dass von vornherein festgelegt wäre, wie der Mensch handelt.

Gott erwählt Menschen zu ihrem eigenen Heil, aber auch zum Heil anderer. Wenn Gott erwählt, ist damit Aufgabe und Verantwortung verbunden. Das Annehmen der Erwählung im Glauben heißt, Jesus Christus, dem Urheber des Heils, konsequent nachzufolgen, also sein Leben nach dem Evangelium auszurichten. Dies zieht göttlichen Segen nach sich. Erwählung wirkt sich auch in der Zukunft aus: Wenn Jesus Christus sein Reich des Friedens aufrichtet, wird die königliche Priesterschaft die frohe Botschaft vom Heil in Christus allen Menschen verkündigen. Erwählt sind dazu diejenigen, die an der ersten Auferstehung teilhaben.

Heil: siehe Fragen 243. ff. königliche Priesterschaft: siehe Frage 577. erste Auferstehung: siehe Fragen 574., 575.

Segen ist eine Zuwendung Gottes, die sich niemand verdienen kann. Gesegnet zu werden bedeutet, Gutes von Gott zu empfangen. Segen hat göttliche Kraft in sich und ist die Zusage, dass Gott Beistand und Begleitung schenkt. Das Gegenteil vom Segen ist der Fluch.

Gott übermittelt seinen Segen oftmals durch Menschen, die von ihm dazu beauftragt sind. Niemand kann sich selber segnen. Segen entfaltet sich, wenn er im Glauben ergriffen wird. Ob er sich auf Dauer auswirkt, hängt auch von der Einstellung und vom Wandel des Gesegneten ab. Segen ist ein Geschenk Gottes, das sich immer wieder erneuern kann. Segen kann sich auch über den unmittelbar Gesegneten hinaus auf künftige Generationen erstrecken.

Gott hat seine Geschöpfe gesegnet und in alles Leben das Gesetz der Vermehrung gelegt. Er hat die Schöpfung dem Menschen anvertraut und ihn für die damit verbundene Aufgabe gesegnet. Dieser Segen Gottes wurde durch den Fluch der Sünde zwar in seiner Wirkung eingeschränkt, doch nicht aufgehoben. Gott erneuerte ihn nach der Sintflut. Was dieser Segen umfasst, wird in der Zusage Gottes deutlich: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Mose 8,22). Von diesem Segen in der Schöpfung bezeugt das Neue Testament: „Denn die Erde, die den Regen trinkt, der oft auf sie fällt, und nützliche Frucht trägt denen, die sie bebauen, empfängt Segen von Gott“ (Hebräer 6,7). Dieser Segen kommt allen Menschen zugute.

„Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Matthäus 5,45 b)

Die Zusage von Segen ist Bestandteil des Bundes, den Gott mit Israel geschlossen hat. Im Alten Bund zeigte sich der Segen Gottes vor allem in irdischem Wohlergehen. Hierzu gehörten zum Beispiel Sieg im Kampf gegen Feinde, langes Leben, Reichtum, zahlreiche Nachkommen, Fruchtbarkeit des Landes. Abraham war ein Gesegneter Gottes: „Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1. Mose 12,2.3). Dieser Segen reichte über die Zusage persönlichen Wohlergehens hinaus; er befähigte Abraham, auch zu einem Segen für andere zu werden.

Alter Bund: siehe Erläuterung zu Frage 175.

Der Segen Gottes hing für die Israeliten davon ab, ob sie allein Gott dienten und seinen Geboten gehorchten oder nicht. Handelte das Volk Gott gegenüber ungehorsam, war damit Fluch verbunden. Die Entscheidung darüber lag in der Hand des Volkes: „Siehe, ich lege euch heute vor den Segen und den Fluch: den Segen, wenn ihr gehorcht den Geboten des Herrn, eures Gottes, die ich euch heute gebiete; den Fluch aber, wenn ihr nicht gehorchen werdet den Geboten des Herrn, eures Gottes“ (5. Mose 11,26-28).

Der göttliche Segen im Neuen Bund geht von Jesus Christus aus.

Neuer Bund: siehe Erläuterung zu Frage 175.

Jesus segnete durch sein Wort, durch seine Wunder, durch seinen Wandel. Kindern legte er segnend die Hände auf, Sündern hat er vergeben. Der größte Segen liegt in der Hingabe seines sündlosen Lebens als Opfer zur Versöhnung für alle Menschen.

Opfertod Jesu: siehe Fragen 90., 99., 177. ff.

Der Segen Gottes, der durch Jesus Christus zugänglich gemacht wird, hat seinen Schwerpunkt im Geistlichen. Dazu heißt es in Epheser 1,3: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.“

Dieser Segen umfasst u. a.

  • die Erwählung vor der Erschaffung der Welt (vgl. Epheser 1,4),
  • die Erlösung und die Vergebung der Sünden (vgl. Epheser 1,7),
  • Einblick in den Willen Gottes (vgl. Epheser 1,9),
  • die Bestimmung zum Erben der künftigen Herrlichkeit (vgl. Epheser 1,11),
  • die Erkenntnis göttlicher Wahrheit im Evangelium (vgl. Epheser 1,13),
  • die Versiegelung mit der Gabe des Heiligen Geistes (vgl. Epheser 1,13).

Viele göttliche Segnungen werden den Glaubenden im Gottesdienst zugänglich gemacht. Auch Opfer bringt Segen – dies ist eine Grunderfahrung des Christen. Der Mensch ist aufgerufen, um den Segen Gottes zu beten und sich so zu verhalten, dass er sich dieses Segens würdig erweist. Der Glaubende erweist seine Dankbarkeit für den Segen Gottes durch ein von Gottesfurcht und Gehorsam des Glaubens geprägtes Leben.

Opfer und Segen: siehe Frage 738.

Die Fülle des Segens liegt darin, auf ewig an Gottes Herrlichkeit teilzuhaben.

Ja, Gott gab dem Volk Israel durch Mose ein Gesetz. Es ist enthalten in den fünf Büchern Mose und wird „mosaisches Gesetz“ genannt. Seine wesentlichen Inhalte sind in den Zehn Geboten zusammengefasst. Die Gebote, Gott und den Nächsten zu lieben, sind ebenfalls Bestandteil des mosaischen Gesetzes.

Das mosaische Gesetz leitet zu gottwohlgefälligem Handeln an. Es ist von Gott gegebene Lebenshilfe, zeigt den Weg zum Guten und hilft, das Böse zu meiden.

„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." (Micha 6,8)

In alttestamentlicher Zeit galt das mosaische Gesetz im Volk Israel als höchste und verbindliche Ordnung. Es wurde als Weg zum Heil verstanden. Man ging davon aus, dass der Mensch durch das Befolgen dieses Gesetzes vor Gott angenehm sei und von ihm angenommen werde.

Das mosaische Gesetz ist aus der Sicht des Evangeliums nicht der Weg zum Heil. Aber es weist den Weg, der zum Heil führt: Jesus Christus. Niemand kann das ganze Gesetz halten. Deshalb ist es nicht möglich, allein durch eigenes Bemühen Heil zu erlangen. Der Mensch muss zur Einsicht kommen: „Ich bin Sünder und benötige Vergebung der Sünden.“ Die Vergebung der Sünden aber setzt den Glauben an Jesus Christus voraus.

Heil, Heil erlangen: siehe Fragen 243., 248. ff.

Inhalt des Evangeliums ist das Handeln Gottes in Jesus Christus zum Heil der Menschen. Das Evangelium umfasst alles, was Jesus lehrte und was seine Person betrifft, von seiner Geburt bis zu seinem Kreuzestod, seiner Auferstehung und seiner Wiederkunft. Im Evangelium wird deutlich, dass Jesus Christus der einzige Weg zum Heil ist.

Das Evangelium wird auch das „Wort vom Kreuz“ (1. Korinther 1,18) und das „Wort von der Versöhnung“ (2. Korinther 5,19) genannt.

Gesetz und Evangelium zeigen beide den Willen Gottes, dem Sünder zum Heil zu verhelfen. Das Gesetz zeigt vor allem Gebote und Verbote auf, um den Menschen zu einem Gott wohlgefälligen Handeln anzuleiten. Der einzige Mensch, der dieses Gesetz vollkommen, ohne Übertretung, erfüllt hat, ist Jesus Christus: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (Matthäus 5,17). Das immer Gültige und Notwendige des mosaischen Gesetzes fasste Jesus Christus in dem Gebot der Gottes- und der Nächstenliebe zusammen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. ... Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 22,37.39). Nach seiner Auferstehung erklärte er den Jüngern, dass sich in ihm alles erfüllt hatte, was im Gesetz Moses, in den Propheten und in den Psalmen geschrieben steht (vgl. Lukas 24,44). Daraus folgt: Christus ist Erfüllung und zugleich Ziel des Gesetzes. Die Vorstellung des Alten Bundes, das Gesetz sei der Weg zum Heil, ist durch Christus zum Ende gekommen. Jesus hat einen neuen Weg gelegt, den Weg der Gnade.

„Denn Christus ist des Gesetzes Ende; wer an den glaubt, der ist gerecht.“ (Römer 10,4)

Zunächst muss der Mensch erkennen, dass er ein Sünder ist. Dann muss er den Glauben aufbringen, dass durch Jesus Christus die Versöhnung des Sünders mit Gott möglich geworden ist und der Sünder durch den Glauben an Christus die Gerechtigkeit erlangen kann, die vor Gott gilt: „Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen für alle Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt“ (Römer 5,18).

Gerechtigkeit vor Gott / Rechtfertigung: Vor Gott gerecht zu sein, also Rechtfertigung erlangt zu haben, bedeutet: Der Glaubende ist vor Gott angenehm. Gott nimmt den Sünder an, er schenkt ihm Gnade und Vergebung.

Erlösung kann man sich nicht mit guten Werken verdienen, sondern sie kommt einzig aus der Gnade Christi. Dazu ist der Glaube an Christus notwendig. Gute Werke sind Ausdruck eines lebendigen Glaubens. So soll sich der Mensch aus seinem Glauben heraus um einen geheiligten Wandel bemühen, der sich auch in seinen Werken zeigt.

„Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen ...“ Die Antwort des Menschen darauf soll sein, dass wir „gerecht und fromm in dieser Welt leben und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilands Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken.“ (Titus 2,11-14)